Die Psychoelf Saga

Akt 1 - Teil 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6

Akt 2 - Teil 1 - 2 - 3 - 4 - 5

Akt 3 - Teil 1 - 2 - 3 - 4

Der stattliche Bau war nicht zu verfehlen: In leuchtendem Türkisblau erstrahlte die Tafel über dem Eingangstor, die verkündete, dass es sich um eine „Heilanstalt für Nerven, Geist und magische Leiden“ handelte. Als der Reiter den Schriftzug las, wurde ihm doch mulmig zumute. Prüfend blickte er zu seinem tierischen Begleiter, der keinerlei Angst oder Nervosität erkennen ließ. „Na gut, Freund. Dies ist kein Ort für dich – warte hier, bis ich zurück bin.“ Das Tier kratzte sich mit der Hinterpranke am Ohr und erhob sich nicht von seinem Hintern, als sein Schützling durch eine Tür, die Teil des großen Tors war, schlüpfte und im Inneren verschwand.

Hinter dem Tor verbarg sich eine Durchfahrt für Wagen, die in den Innenhof führte. . Auf der linken Seite des Bogens war ein Wärterhaus untergebracht, zu dem sich der hoffnungsvoll baldige Patient begab, um sich anzumelden. Sachlich und strukturiert schilderte er erneut dem müde wirkenden Mann seine Geschichte. Er war etwa bis zur Hälfte gekommen, als eine andere Person sich neben ihn drängte und resolut mit der Handfläche auf die Ablage schlug, wie um den Wärter aufzuwecken. Erschrocken zuckte der Reisende zur Seite, denn er hatte den Mann mit langen schwarzen, glatten Haaren, dem kunstvoll tätowierten Muster auf der Stirn und den für Elfen typischen spitzen Ohren nicht bemerkt. Tatsächlich war er schon vor ihm dagewesen und hatte in einer dunkleren Ecke der Durchfahrt ungeduldig seine Kreise gedreht.

„Es ist inakzeptabel, wie lange sie mich warten lassen! Ich komme zu spät zu meinem Vortrag und ich werde ihre Vorgesetzten wissen lassen, dass SIE daran Schuld haben.“ Des Wärters Gesichtsausdruck wechselte von anteilslos gelangweilt zu milde genervt als er sich dem in die Konversation Geplatzten zuwandte.


„Ich sagte bereits, Herr-“
„Stormbinder – das ist ein Honorarstitel“, fügte er erklärend an den Reisenden hinzu.

„Ja sicher. Herr Stormbinder, das hier ist eine Nervenheilanstalt. Hier werden keine Fachvorträge zu Pyromantik gehalten. Ich bin jeden Tag aufs Neue froh, wenn die Verrückten den Laden nicht auseinander nehmen, wir brauchen sicher keinen Hampelmann von der Magierakademie, der uns abfackelt.“
„Was erlauben sie sich?! Ich bin ausgezeichneter Großmeister! Ich habe diese Einladung erhalten, um heute bei einem exclusiven Kongress vorzusprechen!“
Er zog ein offiziell wirkendes Dokument mit rotem Siegel hervor.

„Dann muss der Kongress sehr exklusiv sein, denn man hat mich nicht informiert. Ich vermute, jemand hat ihnen einen Bären aufgebunden, schon mal daran gedacht?“
„Das Dokument wurde mir von einem ehrenwerten Kollegen übergeben! Er hat Kontakte zum Direktor dieses Hauses und ist viel zu professionell, um sich so einen schlechten Scherz… ich meine… ich genieße hohes Ansehen bei meinen Kollegen!“
Stormbinders (hon.) Stimme geriet gegen Ende etwas ins Wanken, so dass seine Aussage immer weniger überzeugend klang. Er faltete das Dokument auseinander und hielt es abwechselnd dem Wärter und dem Reisenden hin, während er weiter argumentierte. So viel seltsamer wirkt meine Geschichte auch nicht, dachte der Reisende mit Amnesie, vielleicht sollten sie den Mann hineinlassen.
Die Diskussion wäre wahrscheinlich noch eine Zeit so weiter gegangen, wäre nicht in diesem Moment erneut die Pforte geöffnet worden. Herein trat niemand Geringeres als der Direktor dieses Hauses. Mitten am Tag erschien er bei der Arbeit, zurückgekehrt von einer wichtigen Besprechung bei der Frau des Bürgermeisters. Die „Besprechung“ war zu seiner vollen Zufriedenheit verlaufen und so trat er gut gelaunt an die Rezeption und Poststelle heran, um möglicherweise über den Tag angefallene Dokumente (die seine dauerhaft überforderte Sekretärin noch nicht abgeholt hatte) direkt mitzunehmen.

Da der Wärter ihn mit „Herr Direktor“ ansprach, sah Stormbinder (hon.) jetzt seine Chance gekommen, endlich an richtiger Stelle Gehör zu finden und trug erneut (aber weniger aufgebracht und in freudig überraschtem Ton) sein Anliegen vor. Der Direktor lauschte freundlich hier und da nickend den Worten und war viel schneller als die anderen Anwesenden zu dem Ergebnis gekommen, dass dieser Elf hervorragend in sein Haus passte.

 

 

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