Die Psychoelf Saga

Akt 1 - Teil 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6

Akt 2 - Teil 1 - 2 - 3 - 4 - 5

Akt 3 - Teil 1 - 2 - 3 - 4

Eine Stadt, erbaut von einer Gemeinschaft, voller Gesetze und Sitten, Regeln und deren Übertretungen war etwas zu viel für unseren Elf, der nicht wusste, dass er ein Elf war. Er duckte sich und beobachtete, wie sein Verfolgter sich der Wace am Tor näherte, zaghaft eine ungewaschene Hand zum Gruß hob und wie der Diener der Stadt erstaunt und angespannt wurde ob dieses Besuchers. Der Wachposten stand allein an seinem Stadttor, denn es kam nie jemand aus Richtung des Waldes. Der verirrte Reiter fand auf die Aufforderung, sich und seine Absichten zu erklären schwer die Sprache wieder. Aber dass er sein Gedächtnis im Wald verloren hatte und Hilfe ersuchte, konnte er der Stadtwache verständlich machen. Er musterte den seltsamen Kauz von oben bis unten. Er war verfilzt, schmutzig, aber ansonsten gut beisammen. Er sah nicht aus, als ob er am Verhungern wäre. Und das Tier mit den langen Zähnen zu seinen Füßen sah die Wache friedlich dasitzend an. Der Wachmann wunderte sich, ob er den größten Pechvogel oder den größten Glückspilz vor sich hatte – seit zwanzig Jahren war niemand mehr aus dem Wald gekommen. Obwohl immer mal wieder jemand hinein gegangen war – zweifelsohne lebensmüde.

„Du hast Glück, Mann“, sagte die Wache, „man kann dir in dieser Stadt helfen. Halte dich nach dieser Straße links, passiere den Markt und halte auf ein großes Gebäude mit blau leuchtenden Steinen zu, über dessen Tor Heilanstalt steht.“
Der Reiter bedankte sich viele Male. Eine Stadt mit so hilfreichen Dienern zu finden – er musste wahrlich ein großer Glückspilz sein.
Der Fremde betrat den Marktplatz. Das geschäftige Treiben war so wild, dass der zerzauste Mann und sein Begleiter kaum auffielen. Händler brüllten ihre Angebote heraus, vollgeladene Karren schoben sich an den Kunden vorbei und Bedienstete arbeiteten eiligst ihre Besorgungsliste ab. Der Fremde beobachtete fasziniert zwei Männer beim Feilschen, bevor er von einer plötzlichen Panik ergriffen zu seinen Füßen schaute. Das Tier war noch da, es gähnte, völlig unbeeindruckt von all dem Gewimmel um es herum. Der Mann ohne Gedächtnis fühlte sich unwohl. Er kannte diesen Ort nicht und er gefiel ihm nicht. Er gehörte sicher nicht hier her. Er wich im letzten Moment einem Pferd aus und war nicht der einzige Überraschte – wildes Schimpfen wurde dem Reiter hinterher geworfen. Dieses Ausweichmanöver hatte jedoch bewirkt, dass er nun vor einem Bücherstand stand. Ob ein Buch ihm helfen konnte? Der Verkäufer war gerade durch ein Gespräch mit einer potentiellen Kundin abgelenkt, also griff er nach einem der Bücher, um sich die Zeit zu vertreiben, bis der Händler sich ihm zuwenden würde.

Es war kein medizinisches Werk, das sich in irgendeiner Art und Weise mit Amnesie beschäftigte. Trotzdem war es irgendwie passend. Es war ein Werk für Vogelkundler, mit vielen Abbildungen verschiedener Vogelarten.

Der Reiter erkannte gleich eine Reihe aus seiner Zeit im Wald wieder und schmunzelte. „Ich scheine mehr über euch Artgenossen zu wissen als über mich selbst – vielleicht bin ich ja Ornithologe.“
Der Bücherverkäufer und die Dame drehten sich zu ihm um, als sie den unangenehmen Duft wahrnahmen, der von ihm ausging. Während sich die Dame die Nase zuhielt und sich schnell entfernte, brach der Verkäufer in empörtes Gezeter aus, in das er sich immer mehr hineinsteigerte. Während der Reiter mit allen möglichen unschönen Beschimpfungen beworfen wurde, damit er sich woanders hinbegebe und nicht mehr mögliche Kunden vergraule, tastete der in seinem zerschlissenen Hemd nach einem Band, an dem ein kleiner Beutel hing. Er fand ihn, langte hinein und bezahlte das Buch, das er in Händen hielt, indem er wortlos eine goldglänzende Münze auf den Tisch legte. Dann kam er dem Wunsch des Bücherhändlers nach, der inzwischen verstummt war und äußerst verwundert das Geld (es war viel zu viel) betrachtete.

 

 

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