Die Psychoelf Saga

Akt 1 - Teil 1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6

Akt 2 - Teil 1 - 2 - 3 - 4 - 5

Akt 3 - Teil 1 - 2 - 3 - 4

Während die Patientin alle Schubladen aufriss, lugte Strombinder vorsichtig aus dem Fenster. Sie befanden sich im ersten Stock, mit Blick auf den Innenhof. Der sah allerdings nicht mehr wie der ordentlich gekehrte Innenhof aus, den sie vor kurzem passiert hatten. Von den Wänden aus breitete sich ein wucherndes, blühendes Gestrüpp aus, das sich bereits bis nach oben gekämpft und sich auf dem Weg Balken und Steinquader einverleibt hatte. Zwischen den Wurzeln waren Ansammlungen gelb leuchtender und mehr als kürbisgroßer, länglicher Eier zu sehen. Sie wurden von überdimensionierten, ebenfalls leuchtenden Fliegen umschwirrt, die mit ihren Flügeln einen ordentlichen Lärm machten. Auch ihre langen Stacheln am Hinterleib waren nicht zu übersehen.
„Gibt es noch einen anderen Ausweg?“, fragte Stormbinder im Anblick dieser Plage. Mellagan dachte angestrengt nach, kam aber auf keinen klaren Gedanken. Es war, als würde ständig jemand dazwischen denken. Irritiert schüttelte er den Kopf. Das Summen der Insekten half auch nicht gerade beim Konzentrieren.
„Wenn wir schnell sind und auf unsere Flanken achten, sollten wir es bis zum Tor schaffen.“, erklärte die Elfe. Sie hatte vor sich eine Reihe aus äußerst scharfen Küchenmessern ausgebreitet, aus denen sie jetzt das längste und ein besonders massives Exemplar aussuchte und beide prüfend in den Händen wiegte. Die störenden Enden ihrer Ärmel hatte sie abgetrennt. „Es kann sein, dass das Tor bereits versperrt ist. Könnt ihr kämpfen?“ Sie war wie ausgewechselt; nichts mehr war von der Nervosität der Insassin zu spüren.
„Zufällig habt ihr den fähigsten Elementarrufer, genannt Stormbinder, der Magierakademie vor euc. Ich könnte uns durchaus einen Durchschlupf schaffen, wenn ihr mir einen Moment der Konzentration verschaffen könnt.“
„Machen wir. Isving.“ Die Frau vom Militär hielt ihm die Hand zum Handschlag hin.
Zögernd blickte Stormbinder auf ihre Hand, dann auf ihr von wirrem Haar eingerahmtes Gesicht, als prüfte er, ob er sich wirklich mit diesem Individuum verbrüdern sollte. Schließlich hob auch er eine Hand. Sie packte sie und drückte zu wie eine Schraubzwinge. Stormbinder ließ sich fast nichts anmerken.

„Und du?“ sie blickte Temminck an. Er hob entschuldigend seine Hände und stammelte „ich äh…“
„Kannst du kämpfen?“, spezifizierte sie die Frage.
Er zuckte mit den Schultern. Sie seufzte und musterte ihn einschätzend. Ohne Vorwarnung stieß sie ihren Ellenbogen nach oben und zielte damit unter sein Kinn. Er zuckte zur Seite, ihr Scheinangriff ging ins Leere. Mit dem nächsten Angriff zielte sie auf seine Magengrube. Seine Hände waren rechtzeitig da, um ihren Angriff anzufangen.
„Lady Isving, könntet ihr bitte nicht…“
Der nächste Angriff zielte mit ihrem Fuß gegen sein Knie. Aus den Augenwinkeln eine Bewebung wahrnehmend, wich er zurück, Isvings Fuß trat kräftig auf dem Boden direkt neben seinem Bein und es sah aus wie ein sehr seltsamer Tanzschritt.
Sie nickte und klopfte ihm auf den Arm, um zu signalisieren, dass der Test vorüber war.
„Es reicht, dass du dich verteidigen kannst. Hinter ihr ließ Mellagan langsam den Stab wieder sinken, nachdem er Temmincks zustimmenden Blick bemerkt hatte.
Isving ging zur Wand und nahm einen langen Brotschieber von einer Halterung, während ihr drei nervöse Augenpaare folgten. Mit einem Kampfschrei lie0 sie ihn gegen die gusseiserne Ofentür schnellen und das breite Ende, die Schaufel, brach ab.
„Hier. Es ist kein Speer, aber hat Reichweite und das abgebrocheene Ende sollte auch als Stichwaffe gegen Pflanzen funktionieren.


Sie drückte Temminck die improvisierte Waffe in die Hand und sah zufrieden, dass er sie mit festem Griff wie einen Zweihänder packte.
„Gut genug.“
Sie hatten Glück, dass er nicht nur einen robusten Eindruck machte, sondern sich auch recht geschickt anstellte.
„Was ist dein Beruf?“
„Ornithologe“
Mellangan rollte mit den Augen.
„Nun, ich schätze, die Wälder sind nicht ganz ungefährlich.“, murmelte Isving und beobachtete, wie der Menschenmann mit gezielten Schwüngen die Waffe erprobte.
„Da wir jetzt alle versorgt sind… Was ist der Plan?“, fragte Stormbinder.

Fünf Minuten später ließ sich Isving vorsichtig aus dem Küchenfenster in den Hof fallen. Sie federte ab und zog ihre Messer. Ihr Blick streifte ber die Fluginsekten zu den Ecken des Hofes, wo sich im dichten Rankengewirr nichts regte. Kurz fixierte sie, was wie ein Eiergelege wirkte. Aus den Augenwinkeln erfasste sie jede mögliche Bewegung an den Ranken über ihnen. Nichts. Es sah gut aus. Wie von selbst gab sie ihrer Gruppe Handzeichenen, die allerdings nur unübersetzt zur Kenntnis genommen wurden, bevor sie loshuschte. Die drei Männer folgten ihr auch ungefragt in Richtung Tor, das die Wand ihnen gegenüber unterbrach. Sie waren bis zur Mitte des Hofes gekommen, als Isving kurz glaubte, das Gleichgewicht zu verlieren. Was war das? Sie hielt inne, blickte zu dem Boden unter ihren Füßen. Das kurze Beben war die einzige Vorwarnung, als plötzlich die Pflastersteine durch eine Kraft aus dem Untergrund gesprengt wurden. Sie hechtete zur Seite und rollte sich ab. Zwei Sensenarme, Zangen und immer mehr spitzige Beine bahnten sich ihren Weg an die Oberfläche. Sie gehörten zu einem monströsen Insekt, halb Skorpion, halb pulsierende Pflanze, das sich sie alle überragend zu seiner vollen Größe aufrichtete, sie mit zahlreichen Augen fixierte, den Schwanz aufstellte und bedrohlich seine Kauwerkzeuge zuschnellen ließ.
„Weg! Aufteilen!“, brüllte Isving ihre Anweisungen. Sie schaute sich nach ihren Mitstreitern um. Stormbinder war dabei, immer mehr Distanz zwischen sich und den Koloss zu bringen. In seinen Händen zuckten bereits Flammen. Der Pfleger mit dem Stab war hinter ihr geblieben und wich langsam noch weiter zurück, da er der Vorderseite des Biestes zugewandt war. Wo war der Ornithologe? Er war dicht bei ihr gewesen, bevor sie zur Seite gehechtete war, das bedeutete… Als sie vorsichtig um das Monster herumnavigierte,  sah sie, dass er direkt vor den Greifzangen des Insektes stand und sich keinen Millimeter rührte, ahnend, dass jedes Zucken in einer tödlichen Umarmung mit den scharfen Chitinscheren des Insekts enden könnte. Ablenkung. Sie brauchten eine Ablenkung. Die kam in Form einer Explosion. Isving verstand erst nicht, was geschehen war, doch der Rauchwolke und herabrieselnden Insektenteile nach zu urteilen, hatte Stormbinder einen Feuerball nach einem der ihn umschwirrenden Fluginsekten geworfen und getroffen. Die Flüssigkeit, mit der ihr Hinterleib gefüllt war, war wohl leicht entzündlich. Auch das Mutterinsekt bemerkte die Explosion und beachtete einen Moment nicht die Beute direkt vor sich. Und Temminck ließ keine Sekunde verstreichen und stieß zu. Der Lange Stock fand zielsicher den Schlund des Tieres, aber obwohl es abgelenkt war, schnellten seine Kauwerkzeuge zu und zerbrachen die Waffe wie einen Zahnstocher. Er verlor das Gleichgewicht, einer der Greifarme schnellte vor, traf ihn in einer Aufwärtsbewegung und ließ ihn zu Boden stürzen. Diesmal spannte das Insekt beide Greifscheren, um seine Beute zu fixieren. Der Strahl von Mellagans Stab traf es im Gesicht und ließ es Verharren, dann zurückzucken. Auch wenn er vorhin Bedenken vor einer Fehlanwendung gehabt hatte, die Intention, mit der er den Stab nun führte, war eindeutig. Er war eine Waffe und es galt zu töten oder getötet zu werden. Er sah, wie Isving Anlauf nahm und mit einem Kampfschrei auf den Rücken des Monstrums sprang. Beim Aufprall rammte sie beide Messer in den Chitinpanzer des Insekts. Es fauchte, bäumte sich weiter auf und während die Elfe herumgewirbelt wurde, ließ sie doch nicht los.

 

 

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